Unser Fachverband zieht ein durchweg positives Fazit
Bei traumhaftem Herbstwetter reisten 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem In- und Ausland nach Dresden: Am 5. und 6. Oktober 2018 veranstalteten wir unser 11. FISAT-Technikseminar auf dem Gelände der DGUV Akademie Dresden im Tagungszentrum des IAG. Leitthemen unserer etablierten Branchenveranstaltung rund um den Bereich Seilzugangstechnik waren in diesem Jahr die Horizontale Fortbewegung in der Seilzugangstechnik und bei der Verwendung von PSAgA und Wechselwirkungen im Arbeitssystem.
Für eine Vielzahl der Angereisten ist eine jährliche Teilnahme bereits zur festen Größe im Jahres-Terminkalender geworden. Natürlich haben wir uns besonders gefreut, auch viele neue Gesichter beim 2018er FISAT-Technikseminar begrüßen zu können: Zu den vielseitigen Fachvorträgen, Workshops, Diskussionsrunden und Praxisvorführungen im Rahmen unserer Fachveranstaltung kamen erfreulicherweise wiederum zahlreiche Anwenderinnen und Anwender von Seilzugangstechnik aus dem europäischen Ausland und aus Deutschland.
Alle registrierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer des FISAT-Technikseminars haben hier die Möglichkeit, sich unter Verwendung ihres Zugangscodes die Vorträge als Pdf zur persönlichen Verwendung herunterzuladen.
Fotos vom ersten Veranstaltungstag ansehen.
Fotos: Holger Lucke, Ralph Sinapius
Nachdem unser bewährter Moderator Sascha Köhler zusammen mit dem Präsidenten des FISAT, Eric Kuhn, alle aufs Herzlichste begrüßt hatten, startete das umfangreiche und abwechslungsreiche Veransatltungsprogramm.
Gleich mit dem ersten Beitrag des diesjährigen FISAT-Technikseminars verließen wir unsere gewohnte Umgebung und tauchten ab: Dr. Frank Hartig vom Universitätsklinikum Innsbruck sorgte mit seinem Vortrag „Selbstüberschätzung, Nachlässigkeit und blindes Vertrauen auf Checklisten” dafür, dass schlagartig das Aufmerksamkeitsniveau bei 100 Prozent lag. Auf den ersten Blick unterscheiden sich Höhenarbeiter und technische Taucher stark voneinander: zieht es die einen in die Tiefe, geht es für die anderen nach oben und die Medien, in denen sie sich bewegen, könnten verschiedener nicht sein. Dabei gibt es viele Parallelen. Starke Persönlichkeiten, fundierte Ausbildung, genormte, jährlich geprüfte Ausrüstung, die nach dem Fail-Safe-Prinzip funktioniert und in der Produktion einer strikten Qualitätsüberwachung unterliegt, Erfahrung und Respekt vor der Sache. Warum kommt es dennoch zu Unfällen? Wo liegen mögliche Ursachen für das immer wieder konstatierte „menschliche Versagen”? Dr. Frank Hartig ist leitender Oberarzt der Notaufnahme in der Uniklinik Innsbruck. Als Taucherarzt und Examiner für technisches Tauchen analysiert er Unfälle und teilt seine Erkenntnisse regelmäßig in Fachpublikationen. Hier geht die Tauchbranche mit guten Beispiel voran, denn nur ein Unfall der bekannt und ausgewertet wurde, kann andere vor Ähnlichem bewahren.
Melanie Göllner, seit 2016 Arbeitspsychologin in der VBG Bezirksverwaltung Dresden, beleuchtete in ihrem Vortrag ein Thema, das uns alle angeht: „Abschalten?! Erreichbarkeit und Erholung in der digitalen Arbeitswelt“.
Markus Füss, Ingenieurbüro HOCHSICHER, vertiefte seine Überlegungen aus dem Vorjahr zum Thema „Lastannahmen in der Seilzugangstechnik“. Für den zweiten Teil seines Vortrags entwickelte er sein Projekt zusammen mit dem FISAT weiter: Der FISAT hat zu dieser Thematik ein Informationsplakat zusammen mit ihm und der Illustratorin Julia Kotulla entwickelt, welches für alle FISAT-Mitglieder über die Geschäftsstelle bezogen werden kann. Wir wollen damit allen Interessierten ein aussagekräftiges, selbsterklärendes Arbeitsmittel zu den Themen Gebrauchslast, Traglast, Mindestbruchlast, Anschlagssysteme und beispielhafte Lastfälle zur Verfügung stellen. Die Entwicklung einer kleinformatigen Version des Informationsmaterials ist bereits in der Planung.
Peter Radner von der INNOTECH Arbeitsschutz GmbH sprach über „Schienensysteme für die Seilzugangstechnik - Grundlagen, Möglichkeiten und Chancen“. An drei Beispielen wurden wesentliche Punkte für die Nutzung von Schienensystemen für planmäßig belastete Seile erläutert. Er wurde bei seinem Vortrag für die Präsentation und Besprechung eines Praxisbeispiels von Sacha Poscher aus Wien unterstützt.
Das Thema „Schienensystem für Seilzugangstechnik, installiert nach Auflagen des Denkmalschutzes“ erläuterte Martin Binder, ST Quadrat Fall Protection S.A., sehr anschaulich anhand eines denkmalgeschützen Objekts am Berliner Kurfürstendamm.
Der Praxisteil nach der Mittagspause fand mit zwei Schwerpunkten in der Mehrzweckhalle statt:
1.) Zum Thema „Praktische Hilfsmittel - Ergonomie beim Arbeiten und Retten“ stellten Stephan Sander (Special Access Solution & Service), Mathias Kahle und Frank Schulzendorf (Alpintec GmbH) technische Hilfsmittel für ein ergonomischeres Arbeiten vor und demonstrierten deren Benutzung.
2.) „Kantenbelastung“ – PETZL ProTeam: Aufbauend auf dem 2017er FISAT-Technikseminar-Workshop demonstrierte das PETZL ProTeam unter Leitung von Training Manager Marek Proba dieses mal auftretende Kräfte im System und an der Struktur, insbesondere bei der Seilführung über Kanten. Im Rahmen des Workshops wurde sowohl eine Präsentation gezeigt sowie dynamische Versuche an Kanten mit unterschiedlichen Eigenschaften vor Ort durchgeführt. Die Ergebnisse wurden live dokumentiert, ausgewertet und den Teilnehmern des FISAT-Technikseminars im Downloadbereich zur Verfügung gestellt.
Zeitgleich liefen in den Workshop-Räumen offene Gesprächs- und Diskussionsrunden: Roland Klampfl, Referatsleiter Sicherheit und Ausbildung, und Peter Biegel, FISAT ZertOrga GmbH, standen für Fragen und Informationen rund um die Ausbildung, Prüfung und die Zertifizierung von Ausbildungsunternehmen im Bereich PSA gA zur Verfügung.
Sacha Poscher, Sachverständiger und Geschäftsführer von VerticalWork, sprach im großen Saal über die „Gruppendynamik in SZP Teams“. Höhenarbeiter Volker Juhls gab dem Auditorium einen Einblick anhand eines persönlichen Erfahrungsberichts: „Unfall durch die Umgebungsbedingungen – ein Erfahrungsbericht“.
Danach ging es mit Willem Catianis – Höhenarbeiter, Abteilungsleiter und Berater bei der Musicalproduktion „Tarzan“ – ab hinter die Kulissen: Seine Präsentation „Fliegen im Theater am Beispiel Tarzan“ gewährte interessante Einblicke in die Arbeitswelt des auf Theaterrigging und „Menschenfliegen“ spezialisierten Experten. Er stellte Sicherheitskonzepte, das Material sowie Wartung und Prüfung der eingesetzten Arbeitsmittel vor.
Abschließend legte Marco Günther-Cotte, Fachbereichsleiter Industrie der Alpin Technik und Ingenieurservice GmbH und „geistiger Vater des Technikseminars“, seine Gedanken, Überlegungen und Überzeugungen am Ende des ersten Veranstaltungstages kurz dar.
Abends wurde für einen guten Zweck gespielt.
Im Rahmen unserer Abendveranstaltung bildete – nach einem gemütlichen Abendessen samt Networking und Erfahrungsaustausch – unser Benefiz-Tischkicker-Turnier den Abschluss und sportlichen Höhepunkt des weit fortgeschrittenen Tages: An insgesamt zehn, größtenteils im Look der anwesenden Aussteller gestalteten Kickertische traten unter tatkräftiger Unterstützung ihrer riesigen Fanbasis fast 60 Starterinnen und Starter in zugelosten Zweierteams zwar gegeneinander aber immer für einen guten Zweck an: Die zu entrichtenden „Startgelder“ für das Turnier sowie namhafte Beträge von den Ausstellern auf dem FISAT-Technikseminar sowie anderen Unterstützern gehen auch in diesem Jahr direkt an des Kinderhospiz Bärenherz in Leipzig.
Bei uns in Dresden stand jedenfalls die Fußballwelt Kopf: Das heldenhafte Team Finnland gewann vor Irland und Team Kamerun siegte gegen Kolumbien beim Spiel um den dritten Platz. Das ruft ja eigentlich nach einer Revanche, oder!? Glückwunsch an die siegreichen Teams. Danke an alle fairen Mitspielerinnen und Mitspieler. Dabeisein war einfach alles! Ein großer Dank von uns an das Team von Ullrich-Sport: Die Damen und Herren haben uns sowohl bei der Produktion der personalisierten Tischkicker unterstützt, als auch die professionelle Turnierleitung und -durchführung am Abend selbst in die Hand genommen.
Fotos vom zweiten Tag ansehen.
Fotos: Holger Lucke, Ralph Sinapius
Der zweite Veranstaltungstag wurde von Stephan Sander, Special Access Solutions & Service, eröffnet. In seinem Vortrag „Kampf gegen Windmühlen“ sprach er über die zunehmenden Herausforderungen bei der Harmonisierung von Arbeitsschutz, Sorgfaltspflichten, Auftraggebervorstellungen und Wirtschaftlichkeit auch anhand von mehreren Fallbeispielen aus der Praxis.
Bernd Schmitz ging in seinem Vortrag „Elektromagnetische Gefährdungen an hochgelegenen Arbeitsplätzen – über eine unsichtbare Gefahr” auf die spezifischen Herausforderungen bei der Arbeit im Umfeld von Mobilfunkanlagen ein.
Diplom-Meteorologe Markus Höß gab im Rahmen seiner Präsentation detaillierte Einblicke in wetter- und witterungsbedingte Gefahren für die Seilzugangstechnik, wie beispielsweise Gewitter, Vereisung, Windchill u.a. Neben einigen grundlegenden Hinweisen zur Entstehung von überregionalen und lokalen Wettergeschehnissen, sprach er auch ganz praxisnah einige Empfehlungen zu nützlichen Apps und Internetportalen zum Thema Wetterprognose aus.
Den vierten Vortrag des Tages bestritten gemeinschaftlich Markus Grabowski, 3M Deutschland GmbH, und Knut Foppe, Ropemission zum Thema „Kommunikation im Seil“. Wieviel Kommunikation brauchen wir wann und welche Einschränkungen der Kommunikation begegnen Höhenarbeitern im Arbeitsalltag? Wie kann eindeutige Kommunikation innerhalb des Teams auch unter Stress aufrechterhalten werden? Sowohl effektive Kommunikation, als auch Situational Awareness müssen als Sicherheitsfaktoren begriffen und entsprechend berücksichtigt werden. Das Dozentenduo beleuchtet nicht nur den Arbeitsalltag, sondern zeigt sowohl planerische als auch technische Lösungsmöglichkeiten auf.
Jutta Grabe, Leitende Notärztin im Kreis Gütersloh, fasste in ihrem Vortrag „Hängetrauma - Historie, Mythos und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse” die Auswertung einer Vielzahl von Studien zu diesem Thema aus der Sicht einer Rettungsmedizinerin zusammen. Sie sprach konkret daraus abgeleitete persönliche Empfehlungen zur Vorgehensweise aus medizinischer Sicht bei entsprechenden Erste-Hilfe-Maßnahmen aus und stellte sich der Diskussion.
„Das hält schon noch – Gerüstbau und sichere Gerüstbenutzung“: Matthias Neurohr, Dipl.-Ing. (Architektur) und Oberstudienrat a.D., gab in seinem Vortrag einen Einblick in die derzeit gängige Praxis auf Baustellen, die rechtlichen Grundlagen sowie die technischen Maßnahmen, die Unfälle effektiv verhindern können.
Als Fortsetzung seiner 2018er Ausführungen zu den von Edelrid vorgenommenen Versuchen präsentierte Daniel Gebel, Edelrid GmbH, im Rahmen seines Vortrags „Falldämpfer - Starre Masse, Ersatzmasse, Schwabbelmasse“ die aktuellen Ergebnisse zu diesem Thema.
Carsten Beinhoff von der SVLFG, dessen Hauptaufgabengebiet dort die Betreuung von Unternehmen aus dem Bereich Baumpflege und seilunterstützte Baumarbeiten im Bereich Prävention ist, wandte sich in seiner Präsentation dem oftmals etwas stiefmütterlich und mit mangelnder Sachkenntnis der gesetzlichen Rahmenbedingungen behandelten Thema „Eingriff in den Straßenverkehr“ zu.
Unser Ausbilderworkshop für alle beim FISAT gelisteten aktiven Ausbildungsbetriebe fand am Vortag des FISAT-Technikseminars statt. In Theorie und Praxis wurde Wissen zu den Themen Höhenrettung von Roland Klampfl und Schrägseilbahnbefahrung von den FISAT-Zertifizierern Cassen Heiner Dorka und Tom Nickel vermittelt und darüber hinaus Denkanstöße gegeben.
Der Vorstand des FISAT bedankt sich bei allen Referenten, Ausstellern, Partnern, dem ganzen Team um Frau Friederike Hartmann – DGUV Congress, Tagungszentrum des IAG – und den zahlreichen Helfern für ihren Beitrag zu dieser gelungenen Veranstaltung sowie allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern fürs Kommen. Der Dank der Organisatoren gilt ganz besonders auch all jenen, die sich an unserer erneuten Spendenaktion für das Kinderhospiz Bärenherz in Leipzig beteiligten.
Das 12. Technikseminar des FISAT wird im kommenden Jahr in Bremen stattfinden. Also bitte im Kalender vormerken: 20. und 21. September 2019, 12. FISAT-Technikseminar Bremen. Und dann unbedingt rechtzeitig anmelden. Bleibt gesund. Auf Wiedersehen in Bremen!