Zum Hauptinhalt springen

Arbeiten unter Zuhilfenahme von Seilen

Seilzugangs- und Positionierungstechniken (SZP), international Rope Access genannt, eignet sich als Zugangsverfahren nicht nur für Arbeiten an hoch gelegenen und schwer zugänglichen Arbeitsplätzen, beispielsweise für Inspektionen, Montagen und Reparaturen an Windenergieanlagen, Kirchtürmen, Fassaden, Stadiondächern, sondern auch für Arbeiten in der Tiefe, wie in Brunnen- oder Revisionsschächten. Seilzugangs- und Positionierungstechniken sind eine sichere und dennoch schnelle, flexible und im Regelfall weniger aufwendige Alternative zu Gerüst oder Arbeitsbühne.

Wie funktioniert Seilzugangstechnik und was ist zu beachten?

Das zentrale Thema bei der Anwendung der Seilzugangstechnik ist das redundante System: Die Höhenarbeiter:innen, häufig Industriekletterer genannt, positionieren sich immer mit Hilfe von zwei Systemen, beziehungsweise zwei Seilen:  dem Tragseil und dem Sicherungsseil.
An dem Tragseil steigt der Seilzugangstechniker auf oder seilt sich ab, um sich an der jeweiligen Arbeitsstelle zu positionieren. Das Sicherungsseil dient dazu, den Anwender im Notfall aufzufangen, sollte die tragende Verbindung versagen.

Um den fachgerechten Umgang mit den beiden Systemen sowie die Rettung von Kollegen zu erlernen, muss jeder Höhenarbeiter eine Ausbildung durchlaufen und schließlich eine Prüfung ablegen.

Alle verwendeten Einzelkomponenten, aus denen zertifizierte Seilzugangstechniker ein Gesamtsystem erstellen können, müssen für diese Art der Verwendung zugelassen sein. Das betrifft beispielsweise die Seile, den Gurt und die Abseil- sowie Sicherungsgeräte.

Bevor die Arbeiten aufgenommen werden, erstellt der Aufsichtführende Höhenarbeiter eine Einsatzplanung und eine objektbezogene Gefährdungsbeurteilung. In diesen Unterlagen werden Zugangswege, Anschlageinrichtungen, Zugangstechniken und eventuelle Rettungsszenarien beschrieben. Da reguläre Rettungskräfte nicht an die Arbeitsorte von Höhenarbeitern gelangen können, werden Rettungen von Kollegen durchgeführt. Darum arbeiten Höhenarbeiter immer im Team.

Durch die Kombination aus qualifiziertem Personal, geprüfter Ausrüstung und kompetenter Aufsichtsführung ergibt sich das hohe Maß an Sicherheit, das bei der Verwendung von Seilzugangs- und Positionierungstechniken erreicht wird.

Welche gesetzlichen Grundlagen und berufsgenossenschaftlichen Empfehlungen gibt es?

Durch die Richtline 2009/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 sind Seilzugangs- und Positionierungstechniken als Arbeitsmittel in Europa legitimiert. Diese Richtline ist in Deutschland national durch die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) umgesetzt. In Anhang 1 der BetrSichV finden sich unter Punkt 3 die "Besonderen Vorschriften für die Verwendung von Arbeitsmitteln bei zeitweiligen Arbeiten auf hochgelegenen Arbeitsplätzen", die besagen, dass Seilzugangstechniken verwendet werden dürfen, wenn die Gefährdungsermittlung ergibt, dass die betreffende Arbeit sicher durchgeführt werden kann.

Die BetrSichV wird durch die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) konkretisiert, wobei die "Verwendung von Zugangs- und Positionierungsverfahren unter Zuhilfenahme von Seilen" in der TRBS 2121 Teil 3 beschrieben wird.

Inhaltlich noch konkreter wird das Verfahren in der DGUV Information 212-001 beschrieben, die Anforderungen an Prüfungen von Höhenarbeitern und Höhenarbeiterinnen regelt der DGUV Grundsatz 312-003.

Auf internationaler Ebene werden Seilzugangs- und Positionierungstechniken im ISO Standard 22846 (Rope Access Systems) beschrieben.